INTER_SECTION #3 | Borrowed Gesture

Immersive Mehrkanal Video- und Klangperformance, die sich improvisatorisch mit Fragen zu Urheberschaft, Intention, Prozess und Kollektiv beschäftigt. Sabine Ercklentz - Trompete und Elektronik - nutzt hierzu einen selbst entwickelten Controller, um den monophonen Sound der elektro-akustischen Trompete in einen quadrophonen Klangraum zu projizieren, klanglich zu bearbeiten und polyphon zu schichten. Von der Performerin mit der Trompete ausgeführte Gesten werden hierzu in digitale Steuerdaten übersetzt, die sowohl die Klangverteilung im Raum als auch Klangbearbeitungsprozesse im Computer lenken.

Claudia Schmitz verwendet analoge Zeichnung, BewegtBild, Skulpturen und bidirektionale Übertragungen von Sound und Bild, um ihre Mehrkanal-Raumprojektion in Echtzeit zu generieren. Gesten ihrer Zeichnungen werden digital in Sound übersetzt und dienen zudem als Steuerungsdaten des kontingenten Dritten. Performative Gesten am Plattenteller gestalten die einzelnen BewegtBildEbenen analog und digital in Form einer Mehrkanalprojektion in Echtzeit. LiveMovingImage auf sich bewegende Skulpturen öffnet die traditionelle Videoprojektion zu einer entfalteten mehrdimensionalen Raumprojektion.

INTER_SECTION lädt zu seinen Projektphasen wechselnden Gastkünstler*innen als Impulsgeber*innen ein. Pandemie bedingt sind persönliche soziale Kontakten seit 2 Jahren stark eingeschränkt, demgegenüber ist die Bedeutung digitaler Interaktionen gewachsen. Für BORROWED GESTURE haben die beiden Künstlerinnen daher einen digitalen Akteur*, “das kontingente Dritte”, als Derivat der Pandemie eingeladen. Hinter dem „kontingenten Dritten“ steht ein custom-made Algorithmus, der in Echtzeit erhobene digitale Steuerdaten der Künstlerinnen verrechnet und zwischen den Handlungsabsichten der Performerinnen interagiert (Max/MSP).

Das kontingente Dritte manifestiert sich in drei vom Algorithmus gesteuerten pneumatischen Skulpturen aus recyceltem Plastik, die durch Ein- und Auslassen von Luft mittels Ventilatoren zum Leben erweckt und Teil des Projektionsraum werden. Beim Entfalten greifen die Skulpturen direkt in die Videoprojektion ein und gestalten diese in Form ihres sich andauernd verändernden Projektionskörpers mit. Die Ventilatoren werden mit Kontaktmikrofonen verstärkt, der Sound vom Algorithmus gesteuert in den 4-Kanal Klangraum projiziert. Im Spannungsfeld Autonomie versus Abhängigkeit, Kontrolle versus Zufall werden die Performerinnen live mit immer wieder neuen Situationen konfrontiert, die zwar durch ihre eigenen Handlungen ausgelöst von diesen aber nicht kontrolliert werden können.

Mit Einladung des „Kontingenten Dritten“ öffnen die beiden Künstlerinnen ihre selbstreferentiellen Settings zu Gunsten eines größeren gemeinsamen Ganzen.

Dokumentation: Sound Caroline Profanter, Video Claudia Schmitz, VGBild-Kunst


INTER_SECTION #3 Borrowed Gesture 7. Oktober 2021, Wabe, Berlin

Dokumentiert von Daniela Kinateder in Kollaboration mit Mike Auerbach

Videostills: Daniela Kinateder, Mike Auerbach; Photos: Claudia Schmitz, VGBild-Kunst

 

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